Kommunalwahl 2020: Antwort der GRÜNEN / Katrin Habenschaden auf die Wahlprüfsteine
1. Wie wollen Sie einen Verkehrsinfarkt am Stadtrand vermeiden? Bitte nennen Sie uns konkrete Maßnahmen, für die Sie einstehen und die Sie initiieren werden.
Allach-Untermenzing erfährt gegenwärtig durch die Umstrukturierung von mehreren Gewerbegebieten zu Wohngebieten eine dynamische Entwicklung. Die wachsende Bevölkerungszahl macht dringend eine Entlastung vom Kfz-Verkehr erforderlich, bietet aber auch die Chance, kurze Wege für eine wohnortnahe Versorgung zu konzipieren.
Wir setzen uns daher für die Erstellung eines Nahmobilitätskonzepts ein (siehe https://www.gruene-fraktion-muenchen.de/nahmobilitatskonzept-fur-allach-untermenzing/). Bisherige Verkehrskonzepte in Allach haben stets den Kfz-Verkehr in den Mittelpunkt gestellt. Viele der Fuß-und Radwegverbindungen sind daher unbefriedigend. Ein Sonderproblem ist die für den Radverkehr unattraktive Eversbuschstraße. Immerhin bietet das umgestaltete Umfeld des S-Bahnhofs am Oertelplatz attraktive Potenziale für die Nahmobilität, die mit einem solchen Konzept gehoben werden könnten. Entscheidend für den Erfolg ist eine intensive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, denn sie sind die lokalen Experten.
Mit der Bevölkerung muss natürlich auch das Angebot des ÖPNV wachsen. In ganz München fehlen attraktive tangentiale Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Für Allach-Untermenzing würde der S-Bahn-Nordring sicherlich eine spürbare Entlastung bringen. Auch eine höhere Taktdichte für S-Bahn und Busse würde das Angebot attraktiver machen. Vor Kurzem haben Die Grünen außerdem beantragt, eine Seilbahn-Tangente vom S-Bahnhof Freiham bis zum S-Bahnhof Karlsfeld zu prüfen, die auch den S-Bahnhof Untermenzing anschließen könnte.
2. Wir halten die im Folgenden aufgeführten Maßnahmen für geeignet, die Verkehrssituation in unserem Viertel zu verbessern. Bitte teilen Sie uns Ihre Haltung dazu mit. Welche dieser Maßnahmen würden Sie fördern und welche halten Sie für ungeeignet?
a. Aufstellung von Dialog-Displays im Stadtbezirk, v.a. vor den Schulen (Eversbuschstraße)
Die Aufstellung von Dialog-Displays, auch vor Schulen, halten wir grundsätzlich für eine sinnvolle Maßnahme.
b. Tempo 30 für die gesamte Eversbuschstraße.
Prinzipiell ja. Eine Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 30 kann mehr Verkehrssicherheit für Fußgänger und Radfahrer, insbesondere auch die Kinder unter ihnen, bedeuten. Nachhaltige Kontrollen müssten die Einhaltung des Tempolimits gewährleisten. Außerdem müsste überprüft werden, wie man eine Verkehrsverlagerung in die Wohngebiete durch die Einführung von Tempo 30 verhindern kann. Denkbar wäre hier zunächst eine versuchsweise eingeführte Geschwindigkeitsreduzierung.
c. Einschränkungen des LKW-Verkehrs in der Eversbuschstraße
Eine Beschränkung des Verkehrs auf den Anliegerverkehr oder auch temporäre LKW-Fahrverbote zu bestimmten Zeiten, wie etwa rund um Schultagesbeginn und -ende, sind denkbar. Ob dies im Sinne der Verkehrsberuhigung und -sicherheit zielführend wäre sowie rechtlich umsetzbar müsste aber noch näher überprüft werden.
d. Weiterer Ausbau der U-Bahn bis Allach.
In Anbetracht der
- bereits beschlossenen Verlängerung der U5 bis Pasing und Freiham,
- der Notwendigkeit der Verlängerung der U4 nach Englschalking,
- der Planung einer neuen Innenstadtquerung durch die U9,
- des bald beginnenden Baus der Tram-Westtangente,
- des ebenfalls beabsichtigten Baus der Tram-Nordtangente und
- der – sehr wahrscheinlichen – Verlegung der Trasse der S8 in Bogenhausen in einen Tunnel
wäre es unredlich, gegenwärtig Versprechungen für eine weitere U-Bahnlinie bzw. eine Streckenverlängerung in nächster Zukunft zu machen. Die genannten Bauprojekte (die S-Bahn-Ringe Nord und Süd sind hier nicht genannt, das ist nicht Sache der Stadt) bringen die Stadt bereits jetzt an den Rand ihrer Möglichkeiten – finanziell und besonders bezüglich ihrer Planungskapazitäten. Die Fertigstellung der U9 zum Beispiel ist momentan erst für das Jahr 2037 geplant. Klar ist aber auch: Wenn die Stadt weiter wächst, wird man sich bald Gedanken über weiter U-Bahnlinien machen müssen. Auch ein Ausbau der U-Bahn nach Allach wäre dann zu diskutieren.
e. Bau einer Umgehungsstraße zur Entlastung der Eversbuschstraße.
Den Bau einer Umgehungsstraße halten wir hier nicht für sinnvoll. Der Kfz-Verkehr würde dadurch nicht weniger, sondern schlicht an anderer Stelle fließen. Außerdem stellt sich speziell in diesem Fall die Frage, wo eine solche Umgehungsstraße Platz hätte, ohne Natur- und Grünflächen zu gefährden. Eine langfristige, nachhaltige Verkehrsberuhigung kann unseres Erachtens nur erreicht werden, indem wir den ÖPNV attraktiver machen und Güterverkehr von der Straße auf die Schiene verlegen.
f. Vermehrte Einbahnstraßen-Regelungen an neuralgischen Stellen im Bezirk (z.B. Vesaliusstraße).
Diese Frage lässt sich so nicht pauschal beantworten. Einbahnstraßen können zur Verkehrsberuhigung beitragen, können jedoch auch zu einer erhöhten Durchfahrtsgeschwindigkeit führen. Eine Durchsetzung muss entsprechend jeweils im Zusammenhang eines Gesamtkonzepts beurteilt werden.
3. Eine höhere Verkehrssicherheit scheitert oft an Zielkonflikten. Gefährliche Straßenkreuzungen dürfen von der Stadt nicht sicherer gemacht werden, weil die Anforderungen zum Denkmalschutz dem entgegenstehen. Radwege können nicht gebaut werden, wenn Eigentümer Grundstückteile nicht abgeben.
a. Sind Sie der Meinung, dass es einer stärkeren Einbindung der Bürger bei der Identifizierung und anschließend der Lösung dieser Zielkonflikte bedarf?
Wir befürworten eine Stärkung der Bürgerbeteiligung auf Bezirksebene in allen Bereichen – auch Verkehrsfragen – und wollen diese transparenter gestalten (siehe auch Antworten 4a und b).
b. Sind zur Lösung solcher Zielkonflikte aus Ihrer Sicht gesetzliche Änderungen nötig und möglich?
Hier muss von Fall zu Fall genau hingesehen und die bestehenden rechtlichen Mittel (die bei Gefährdung des Gemeinwohls bereits sehr weit gehen) ausgeschöpft werden, bevor man über gesetzliche Änderungen nachdenkt.
4. Viele Bürger machen die Erfahrung, dass sie über Bürgerversammlungen oder Bezirksausschüsse zwar gehört werden, ihre Anträge aber häufig in der Verwaltung „versanden“.
a. Sind Sie der Meinung, dass die Einbindung der Bürger auf Bezirksebene gestärkt werden sollte?
Die Stärkung der Bürgerbeteiligung auf Bezirksebene in Form verschiedener Beteiligungsprozesse ist uns Grünen ein wichtiges Anliegen. Diese neuen Beteiligungsprozesse dürfen nicht im Nichts verlaufen, sondern müssen Konsequenzen haben, über die transparent informiert wird. Auch das von uns beantragte Nahmobilitätskonzept für Allach sieht im Übrigen Bürgerbeteiligung vor (siehe https://www.gruene-fraktion-muenchen.de/nahmobilitatskonzept-fur-allach-untermenzing/).
b. Welche konkreten Maßnahmen zur Stärkung von Bürgerbeteiligung würden Sie als OberbürgermeisterIN initiieren?
Wir haben in den letzten Jahren zahlreiche Anträge in diesem Bereich gestellt, die sind auf unserer Homepage einsehbar sind (siehe https://www.gruene-fraktion-muenchen.de/thema/demokratie/burgerbeteiligung/). Beispielsweise haben wir erst kürzlich beantragt, die Privatisierung von Planungsprozessen zu stoppen, die Bezirksausschüsse stärker zu informieren und Gutachten sowie Testentwürfe, die im Rahmen von Planungen angefertigt werden, öffentlich zugänglich zu machen. Wir fordern auch, das Stadtbezirksbudget zu einem echten Beteiligungshaushalt weiterzuentwickeln, bei dem die Menschen über die Verteilung von Finanzmitteln mitentscheiden. Außerdem wollen wir die Bürgerversammlungen durch Vorabdiskussionen auf einer Onlineplattform modernisieren. Onlinebeteiligungsplattformen, Bürgergutachten, Zukunftswerkstätten, Online-Petitionen und Beteiligungshaushalte sind weitere denkbare Formen der Bürgerbeteiligung auf Bezirksebene. Außerdem wollen wir Kinder und Jugendliche stärker an der Gestaltung ihrer Umgebung beteiligen z.B. mit der digitalen Beteiligungsplattform „aula“ an Schulen, dem Ausbau des Schüler*innenhaushalts sowie der stärkeren Einbindung von Kindern und Jugendlichen in die Stadtteilplanung.
5. In den vergangenen Jahren wurden auch in München Kinder durch Unfälle mit rechtsabbiegenden LKWs getötet oder verletzt. Die verbindliche Einführung eines Abbiege-Assistenten scheitert auch daran, dass Deutschland die Assistenzpflicht nicht im Alleingang einführen kann, da es geltendes EU-Recht berücksichtigen muss.
a. Was werden Sie tun, damit diese Pflicht trotzdem möglichst schnell kommt und wie schnell ist „möglichst schnell“ nach Ihrer Einschätzung? Kann es für München Sonderregeln geben?
Derzeit hängt die verpflichtende Einführung des Abbiegeassistenten in einer politischen Warteschleife fest. Wir haben hier wiederholt gefordert, die Regelungskompetenzen der Kommune so weit wie möglich auszunutzen, um LKW ohne Abbiegeassistenten die Durchfahrt durch das Stadtgebiet zu verwehren (siehe http://www.gruene-fraktion-muenchen.de/gutachten-lkw-abbiegeassistenten-koennen-jetzt-schon-verpflichtend-vorgeschrieben-werden/). Dass dies möglich ist, belegt ein Gutachten der Sonderforschungsgruppe Institutionenanalyse zum Thema „Straßenverkehrsrechtliche Möglichkeiten zur Regelung von Lastkraftwagen ohne Abbiegesicherheitssysteme“. Wir haben nicht nur beantragt, den Stadtrat über das Rechtsgutachten zu informieren, sondern auch konkret Straßen oder Bereiche zu benennen, die in München für LKW ohne Abbiegeassistenten gesperrt werden könnten. Darüber hinaus fordern wir, alle technischen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen ausgeschöpft, um die Münchnerinnen und Münchner vor schweren Unfällen zu schützen. Das zentrale Anliegen unserer Fraktion – die Aussperrung von Lkw ohne Abbiegeassistenten aus besonders gefährlich Zonen und möglichst aus dem gesamten Stadtgebiet – fand im Stadtrat bisher keine Mehrheit (siehe https://www.gruene-fraktion-muenchen.de/enttaeuschung-ueber-mutlose-beschluesse-zur-verkehrssicherheit-2/ ). Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen.
b. Welche weiteren Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die Verkehrssicherheit beim LKW-Verkehr in der Stadt zu erhöhen?
Wir fordern die sofortige verpflichtende Einführung von Abbiegeassistenten mit Notbremsfunktion bei allen LKWs, die im Stadtgebiet fahren, und werden hier Druck auf die Bundesebene ausüben und ins Gespräch mit lokalen Speditionen gehen. Im städtischen Einflussgebiet, also bei städtischen Fahrzeugen, setzen wir beides sofort um. Laut einem Gutachten zum Thema ‚Straßenverkehrsrechtliche Möglichkeiten zur Regelung von Lastkraftwagen ohne Abbiegesicherheitssysteme‘ ist die Aussperrung von Lkw ohne Abbiegeassistent auch auf kommunaler Ebene möglich. Hier fordern wir, die städtische Regelungskompetenz so weit wie möglich auzunutzen. Wir haben außerdem eine Sicherheitsoffensive an besonders gefährlichen Kreuzungen gefordert (siehe https://www.gruene-fraktion-muenchen.de/sicherheitsoffensive-stadt-an-gefaehrlichen-kreuzungen/ ). Diese sieht u.a. vor Gemeindestraßen an Kreuzungen, Einmündungen und Einfahrten baulich so zu gestalten, dass freie Sichtbeziehungen für und auf den Radverkehr gegeben sind und Kraftfahrzeuge möglichst nur langsam abbiegen können. Radwege werden dort an Ampeln baulich so gestaltet, dass eine Fahrradampel mit Gelbphase möglich ist und ausreichend große Radaufstellflächen vorhanden sind. Bei der Querung von nicht bevorrechtigten Straßen oder Ein- und Ausfahrten werden sie ohne Höhenveränderung weitergeführt.