Fragebogen Landtagswahl 2018 – Antwort von Sonja Haider, ÖDP

1. Wie wollen Sie einen Verkehrsinfarkt am Stadtrand vermeiden?
a. Mehr und breitere Straßen in unserem Stadtbezirk? Welche wären das? Würden diese nicht noch mehr Verkehr anziehen?
Nein, keine weiteren oder breitere Straßen. Im Gegenteil, meiner Meinung nach müssen Autospuren auf großen Straßen und Parkspuren weichen, damit Fußgänger*innen, Radler*innen sichere und breite Wege bekommen. Außerdem muss mit Volldampf der ÖPNV ausgebaut werden (U5 Pasing und Freiham, S-Bahnertüchtigung auf den Außenästen, so dass dann die weitere Stammstrecke auch genutzt werden kann, Expressbusse).

b. Kreative Maßnahmen zur deutlichen Reduzierung von Autofahrten? Welche könnten das sein und wo kann der Freistaat/werden Sie dies unterstützen?
Studien sagen, dass 50% des städtischen Lieferverkehrs (privat und gewerblich) von Lastenräder transportiert werden können. Außerdem sind 40-50% der privaten Autofahrten unter 5 km – d.h. auch hier gibt es großes Potential den Radverkehr zu verdoppeln. Nötig ist dazu ein Ausbau der Infrastruktur. Insbesondere sollten alle Neubauviertel und alle S-Bahn-Stationen mit Mobilitätsstationen (also Bike- und Car-Sharing) ausgestattet werden. Das MVG Rad sollte endlich auf ganz München ausgeweitet werden und auch endlich in Allach, Unter- und Obermenzing und Aubing zur Verfügung stehen.

2. Was halten Sie beispielsweise von den folgenden Maßnahmen und wie würden Sie diese fördern oder verhindern? Insbesondere interessiert uns Ihre Meinung zu unseren Forderungen/Vorschlägen:
a. Beschränkung des LKW-Verkehrs in der Eversbuschstraße auf Anlieger.
Ich würde das für 6 Monate umsetzen und evaluieren, welche Konsequenzen, wie z.B. Verlagerung des Verkehrs das hat.

b. temporäre LKW-Fahrverbote zu Schulbeginn und Ende.
Nein, das ist schwer zu kommunizieren und zu kontrollieren.

c. Tempo 30 für die gesamte Eversbuschstraße.
Ja, ich bin für ein generelles Tempo 30 in der Stadt mit Ausnahmegenehmigungen für größere Straßen.

d. Weiterer Ausbau der U-Bahn bis Allach.
Ja

e. Bau einer Umgehungsstraße zur Entlastung der Eversbuschstraße.
Nein, weitere Straßen ziehen weiteren Autoverkehr an

f. Bau des Autobahn-Südrings.
Nein

3. Eine höhere Verkehrssicherheit scheitert oft an Zielkonflikten. Gefährliche Straßenkreuzungen, wie z.B. die täglich von über hundert Schulkindern überquerte Kreuzung Eversbuschstraße/Ludwigsfelder Straße dürfen von der Stadt nicht sicherer gemacht werden, weil die Anforderungen zum Denkmalschutz dem entgegenstehen. Radwege können nicht gebaut werden, wenn Eigentümer Grundstückteile nicht abgeben.
a. Sind diese Zielkonflikte aus Ihrer Sicht hinreichend austariert oder halten Sie gesetzliche Änderungen für nötig?
Nach meiner Einschätzung gibt es immer Wege, wenn der politische Wille zur Veränderung da ist. Meistens werden Hindernisse als Argumente benutzt, um weniger umsetzen zu müssen.
Bei Radwegen: Platz ist genug da, nur die Priorität wird bisher auf den Autoverkehr gelegt. Räder sind viel flächeneffektiver und wenn Bürger*innen vom Auto aufs Rad umsteigen, wird es nicht nur ruhiger und die Luft sauberer, sondern es werden auch Flächen frei.

b. Wie können diese Zielkonflikte den Bürgern besser transparent gemacht werden?
Es gibt andere Zielkonflikte, wie Zeit und Finanzen – und da hilft nur Ehrlichkeit: Wann können welche Maßnahmen umgesetzt werden.

4. Viele Bürger machen die Erfahrung, dass sie über Bürgerversammlungen oder Bezirksausschüsse zwar gehört werden, ihre Anträge aber häufig in der Verwaltung „versanden“. Stadtteilpolitiker sprechen davon, dass die Verwaltung ein „Staat im Staate“ sei oder geben ihr Mandat zurück, weil sie selbst dort nichts erreichen können. (Zum Beispiel wurde ein nachhaltiges Verkehrskonzept von Bürgern in Allach/Untermenzing seit Jahrzehnten vergeblich gefordert.)

a. Welche konkreten Maßnahmen zur Stärkung von Bürgerbeteiligung würden Sie als Landtagsabgeordnete/r unternehmen?
Ich würde 1. den Bezirksausschüssen mehr Entscheidungsgewalt überlassen – besonders bei Projekten, die nur ihr Stadtviertel betreffen. Es gibt ja nun seit 2018 ein 4fach so hohes Stadtviertelbudget, mit dem auch die Referate ”beauftragt” werden können. Warum also nicht z.B. ein Verkehrskonzept beauftragen?

2. Bürgerbeteiligung: So wie sie im Moment durchgeführt wird, sorgt sie für Frust und Ärger. Workshop-Ergebnisse landen in der Schublade, Bürger*innen werden erst informiert, wenn die Entscheidungen schon getroffen sind. Auf der anderen Seite gibt es auch viele sich widersprechende Forderungen. Es braucht dringend ein neues, schnelleresund einfaches Konzept der Bürgerbeteiligung. Ich habe kein Geheimrezept dafür, würde aber in anderen eurpäischen Städten nach best practice schauen.

5. In den vergangenen Monaten wurden auch in München Kinder durch Unfälle mit
rechtsabbiegenden LKWs getötet oder verletzt. Die verbindliche Einführung eines Abbiege-Assistenten scheitert auch daran, dass Deutschland die Assistenzpflicht nicht im Alleingang einführen kann, da es geltendes EU-Recht berücksichtigen muss.
a. Was werden Sie tun, damit diese Pflicht trotzdem möglichst schnell kommt und wie schnell ist „möglichst schnell“ nach Ihrer Einschätzung?
Die ÖDP arbeitet gemeinsam mit dem ADFC am Thema Radsicherheit, so stellen wir seit 3 Jahren Geisterräder auf und veranstalten den Ride of Silence. Wir haben einen ersten Meilenstein erreicht: Die Stadt hat im April ein Verkehrssicherheitskonzept mit dem Ziel Vision Zero verabschiedet. Auch im Bundestag und in der EU sind nun Bestrebungen im Gange, ein verpflichtendes Abbiegeassistenzsystem für LKWs vorzuschreiben. Mit Übergangszeiten werden trotzdem noch einige Jahre (evtl. 5) ins Land gehen.

b. Welche anderen Maßnahmen werden Sie unterstützen oder initiieren?
Wir werden nun auch die LKW Hersteller auffordern, endlich das System serienmäßig zur Verfügung zu stellen. Beim letzten tödlichen Unfall in München landete das erste Mal der Hersteller-Namen ”Mercedes” im Polizeibericht und damit in der Presse. Vielleicht lässt sich damit öffentlicher Druck aufbauen.
Desweiteren werden wir sehr genau die Maßnahmen des Kreisverwaltungsreferats bewerten, die nun null Verkehrstote erreichen helfen sollen.